Kenia: Ein Rettungsanker für hilfsbedürftige Frauen in Nairobi

Kenia: Ein Rettungsanker für hilfsbedürftige Frauen in Nairobi

Der Lärm von Schweißgeräten, die Rufe von Mechanikern, die in einer Werkstatt arbeiten, Motorradfahrer, kleine Geschäfte, die Motorradteile und Secondhand-Kleidung ausstellen, und Lebensmittelverkäufer entlang der belebten Outer Ring Road vermischen sich in der morgendlichen Aufregung von Kariobangi, einer ausgedehnten Wohnsiedlung mit niedrigem Einkommen in Eastlands, Nairobi. Inmitten dieses täglichen Trubels befindet sich das Kariobangi Women Promotion Training Institute, das auf dem Gelände der katholischen Kirche Holy Trinity neben dem Kloster der Comboni-Missionsschwestern und der katholischen Krankenstation Kariobangi liegt.

Das von den Comboni-Missionsschwestern geführte Kariobangi Women Promotion Training Institute hilft jungen Frauen in den einkommensschwachen Gegenden von Kariobangi, Korogocho, Kariadudu, Huruma, Ngei und Kariobangi South, indem es ihnen Fertigkeiten in den Bereichen Schneiderei, Friseurhandwerk und Catering vermittelt. Eine Kindertagesstätte im ersten Stock des zweistöckigen Gebäudes, in dem das Kariobangi Women Promotion Training Institute untergebracht ist, ist ein wichtiger Bestandteil des Projekts. Das Zentrum kümmert sich um die Babys, damit ihre Mütter am Unterricht teilnehmen können. „Wenn man sich nicht um das Kind kümmert, wird die Mutter nicht kommen“, erklärt Schwester Mary Kevin Avaro, die Leiterin des Kariobangi Women Promotion Training Institute. Die Comboni-Missionsschwestern bieten ihren Studentinnen an, dass sie ihre Kinder, die jünger als drei Jahre sind, mitbringen. Die Schwestern kümmern sich um sie, „damit ihr lernen könnt, damit eure Zukunft ein bisschen besser wird“.

Das Projekt verdankt seine Anfänge einer lebendigen Pro-Life-Bewegung in der katholischen Pfarrei Holy Trinity in Kariobangi, die in den frühen 90er Jahren viele schwangere junge Frauen davon überzeugte, nicht abzutreiben. Man wusste jedoch nicht, was man mit den Frauen tun sollte oder wie man ihnen helfen konnte, sich um die Kinder zu kümmern, die sie erwarteten.  Daher „beschlossen die Gemeindemitglieder, ein Projekt zu starten, das es den Frauen ermöglichen sollte, sich selbst zu versorgen“, so Schwester Mary Kevin Avaro. Die Pfarrei startete ein Projekt, bei dem die Frauen einen halben Tag lang zur Beratung kommen und stricken lernen. Später besuchten sie den nahegelegenen Kariobangi-Markt, um von Schneidern das Nähen zu lernen, aber die Ausbildung war nicht ausreichend, und die Unterstützung durch die Gemeindemitglieder war nicht beständig.

1992 bat die Gemeindeleitung die Comboni-Missionsschwestern, das Projekt zu übernehmen, und mit Unterstützung der Organisation Manos Unidas (Vereinigte Hände) baute die Gemeinde das Gebäude, in dem die Einrichtung untergebracht ist, und brachte Ordnung in die Ausbildung der Frauen. Zunächst wurden Kurse in Schneiderei, Perlenstickerei und Stricken angeboten. Die Schwestern führten auch Kurse für Lebenskompetenzen ein, darunter Charakterbildung, spirituelle Bildung und Seelsorge sowie grundlegende Geschäfts- und Computerkenntnisse. Heute ist das Kariobangi Women Promotion Training Institute von der Technical and Vocational Educational and Training Authority (TVETA) anerkannt und bietet Kurse in den Bereichen Mode und Design, Lebensmittel- und Getränkeherstellung sowie Friseurhandwerk und Schönheitspflege an.

Schwester Mary Kevin Avaro berichtet, dass die Schülerinnen, sobald sie in der Einrichtung ankommen, mit dem Unterricht zur Charakterbildung beginnen. „Wir bieten verschiedene Workshops zur Verhaltensänderung an, und wir haben Beratungsdienste, weil unsere Leute das brauchen“, erläutert sie. „Wenn man hierher kommt, wird man angeleitet und beraten, damit man sich selbst kennen lernt und die Dinge von außen keinen Einfluss auf einen haben“, sagt Rose Muthoni, Schülerin in der Lebensmittel- und Getränkeherstellung. „Die Mentorenschaft ist gut. Wenn man etwas hat, das einen belastet, kann man es mit den Beratern besprechen.“

Das Institut bietet auch einen Pflegedienst an, damit sich die Schülerinnen in der Gesellschaft anderer wohlfühlen, und jeden Tag gibt es Tee, weil manche hungrig ankommen. Ein Sozialarbeiter besucht sie zu Hause, um zu erfahren, woher sie kommen und um ihre Situation zu beurteilen. „Man vermutet vielleicht, dass sie das Schulgeld nicht bezahlen wollen, aber dann merkt man, dass es ein Problem gibt“, weiß Schwester Mary Kevin Avaro. „Aus Tradition schicken wir sie nicht nach Hause.“ Sie ergänzt, dass das Institut bei Organisationen um Unterstützung wirbt. Während die meisten Schülerinnen gesponsert werden, gibt es einige, die nichts erhalten, und das ist eine Herausforderung. Die Association of Sisterhoods of Kenya (AOSK) sponserte zehn Schülerinnen, die Schwierigkeiten hatten, das Schulgeld zu bezahlen, und unterstützte die Einrichtung mit einem psychosozialen Workshop und dem Kauf von Computern.

Die einundzwanzigjährige Lynn Chepng’eny und die 22-jährige Scovia Nakato, die die Ausbildung „Mode und Design“ absolviert haben, sind Nutznießerinnen der Einrichtung. Gemeinsam haben sie mit Hilfe der AOSK, die ihr zweites Ausbildungsjahr finanzierte und sie beim Aufbau des Unternehmens unterstützte, das im Mai 2023 seine Arbeit aufnahm, eine Schneiderei gegründet. Sie stellen Kleidung für Kinder und Erwachsene her. Obwohl das Geschäft langsam angelaufen ist, glaubt Nakato, dass es sich entwickeln wird. „Hier wirkt Gott, denn wir hatten keine Hoffnung. Ich möchte den Schwestern dafür danken, dass sie den Mädchen helfen, und ich bete, dass sie auch anderen helfen. Möge Gott sie segnen“, sagt Nakato.

Für Chepng’eny war das Leben nicht einfach, und das Geschäft gibt ihr Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre dreijährige Tochter. Das Pro-Life-Büro der Kariobangi-Gemeinde rettete Chepng’eny und ihr zwei Wochen altes Kind von der Straße und brachte sie in die Unterkunft der Missionarinnen der Nächstenliebe von Mutter Teresa in den Huruma-Slums. Als Chepng’eny dort ankam, sagte sie den Schwestern, dass sie eine Arbeit suche, um ihr Kind zu ernähren, aber die Schwestern bestanden darauf, dass sie zu jung sei und erst eine Ausbildung machen müsse. „Die Schule hat mir geholfen, weil ich jetzt weiß, wie man schneidert, und ich habe eine Arbeit. Ich wohne in einem gemieteten Haus. Abgesehen von der Schneiderei habe ich von den Kursen zur Charakterbildung profitiert, weil ich damals ein sehr geringes Selbstwertgefühl hatte. Ich war sehr jung und dachte, ich sei die Einzige, die ein Kind hat. Ich habe mich geschämt. Dann habe ich die Situation akzeptiert“, erinnert sich Chepng’eny.

Scovia Miriam, eine verheiratete Studentin mit zwei Kindern aus Korogocho wurde von einem Wohltäter, einem Nachbarn, der ihr freiwillig half, in die Schule aufgenommen. „Als ich hierher kam, dachte ich, ich sei die Einzige, die Not leidet, aber ich habe andere gefunden, und das hat mir Mut gegeben, weiterzumachen“, sagt Miriam. „Die Schwestern haben uns mit Respekt behandelt, als wären wir ihre Kinder.“

Koseki Joyce, Dozentin für Gastronomie und Verkauf, hat an dreizehn verschiedenen Schulen unterrichtet und betont: „Diese Schule in katholischer Trägerschaft ist einzigartig.“ Sie merkt an, dass sie als Gemeinschaft leben und die Schülerinnen respektieren. „Ihre Priorität sind die Lernenden, und sie kümmern sich sehr um sie“.

Die Verantwortlichen der Schule stellen klar, dass es eine Herausforderung ist, das Projekt zu betreiben, da die Kosten für die Ausstattung und die Materialien, die die Schülerinnen benötigen, sehr hoch sind. Außerdem ist das Schulgeld niedriger als bei anderen Schulen. Um das Projekt zu unterstützen, betreibt die Schule eine Produktionseinheit, die Kleidung, Uniformen, Spielsets und Batikprodukte herstellt, die dann an die Öffentlichkeit verkauft werden, um die Kosten für den Betrieb der Schule zu subventionieren. Die Produktionseinheit hat ehemalige Schüler der Einrichtung eingestellt und holt bei großen Aufträgen oft die Schüler zur Mithilfe bei der Produktion hinzu.

Nach der Ausbildung arbeiten einige Schüler auf den lokalen Märkten, andere machen sich selbstständig, wieder andere werden von der Schule als Ausbilder angestellt oder arbeiten in der Produktionsabteilung. Mwangi Kuria, Lehrerin an der St. John’s School in Kariobangi, stellt fest: „KWPTI hat viel bewirkt. Es gibt Schülerinnen, die nach der High School wegen ihrer Armut nicht weiterkommen konnten, aber dann an dem Projekt teilnahmen, und die Ausbildung hat ihr Leben verändert.“ „Sie sind unabhängig und sehr produktiv geworden. Unsere Mädchen haben eine Ausbildung absolviert und arbeiten jetzt in großen Hotels oder in der Freien Exportzone (FEZ), oder sie haben ihre eigenen Salons, so dass sie zu Mentorinnen für die Heranwachsenden werden“, fügt sie hinzu. Schwester Manna Berhe, eine Comboni-Missionsschwester, die als Praktikantin an der Einrichtung arbeitet, bewundert den „can-do spirit“ der Frauen und dass sie ermutigt werden, die Ausbildung, die sie erhalten, zu erfüllen. Sie ist froh, dass die meisten von ihnen dort bleiben und arbeiten.

Schwester Mary Kevin Avaro merkt an, dass die Schule den Werdegang der Schülerinnen verfolgt, um zu sehen, wie es ihnen nach der Ausbildung geht, und dass die Quote der Beschäftigung und Selbständigkeit der Schüler vor dem Coronavirus bei 80-85 % lag. Mit dem Coronavirus ging sie auf 50 % zurück, „und jetzt steigt sie allmählich wieder auf 75 %“. Auf die Frage, ob das Kariobangi Women Promotion Training Institute sein Ziel erreicht hat, ein Projekt ins Leben zu rufen, das die Mädchen in die Lage versetzen sollte, sich selbst zu versorgen, antwortet Schwester Mary Kevin Avaro: „Ich denke, wir haben mit dieser Einrichtung viel erreicht, weil viele Frauen unterstützt wurden.“

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