Gott ist gerecht – aber er ist noch mehr als gerecht. Er belohnt – aber er gibt mehr als wir erwarten dürften. Er gibt umsonst, er gibt gratis. Er schaut nach uns aus, wo wir abbleiben. Er schaut aus, was mit den Zurückgelassenen wird. Er schaut danach aus, ob alle heimkommen – die Leistungsstarken und die Leistungsschwachen, und die, die es überhaupt nicht verdient haben, zu Hause – bei ihm – einen Platz zu haben.
Mir fällt dazu das Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn ein: Der Vater hat sich nicht zufrieden gegeben, dass der jüngere Sohn davonzog. Die Wunde, die der trotzige Weggang ihm zugefügt hat, blieb in seinem Herzen. Der Vater hat den Sohn, der wegwollte, gerecht behandelt. Er erhielt sein Erbteil. Er brauchte sich nicht zu beklagen. Aber war der Vater verpflichtet, den Gescheiterten, den Heruntergekommenen, den Schandfleck der Familie, der sein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hatte, wieder in Ehren aufzunehmen? Nein, er war es nicht. Und doch hat er es gemacht.
So „töricht” ist die Liebe, so überschwänglich. So sieht Gottes Gerechtigkeit aus. Sie gibt „umsonst”. Sie ist gratis. Es ist Gerechtigkeit, die nicht uns, sondern die ihn bluten lässt.
Bischof Joachim Wanke, Bistum Erfurt; in: Pfarrbriefservice