Hildegard wurde 1098 in Bermersheim (nördlich Alzey) geboren. Sie war das zehnte Kind des Edelfreien Hildebert und seiner Gattin Mechtild. Das Mädchen war schwächlich, aber lebhaft und fröhlich, und das blieb sie ihr Leben lang. Schon als Kind sah sie mehr als andere Menschen. Zur Erziehung wurde sie zu Jutta von Spanheim auf den nahe gelegenen Disibodenberg gebracht. Als Jutta, die Meisterin der Klause, 1136 starb, wurde Hildegard ihre Nachfolgerin. 1150 zog sie mit ihren inzwischen zahlreicher gewordenen Nonnen in das von ihr erbaute Kloster Rupertsberg bei Bingen. Um 1165 besiedelte sie das damals leer stehende Kloster Eibingen oberhalb von Rüdesheim. Schon auf dem Disibodenberg hatte sie auf Gottes Geheiß angefangen, ihre in wachem Zustand empfangenen Visionen und Einsichten niederzuschreiben. Sie, die sich „ungelehrt“ und „armselig“ nannte, war in Wahrheit eine hoch begabte, ja geniale Frau. Ihr Erstlingswerk nannte sie „Scivias“ – „Wisse die Wege (Gottes)“. Durch ihre Schriften, Briefe, Predigten und Prophezeiungen wurde sie bald eine bekannte Persönlichkeit. Sie stand in Briefwechsel mit Päpsten und Königen; aber auch arme und einfache Menschen suchten bei ihr Rat und Hilfe. Offenheit für die Fragen und Nöte der Welt und tiefe Gottverbundenheit waren für sie keine Gegensätze. Immer lebte sie im Licht Gottes; ihn fand sie in allen Dingen wieder: in den Steinen, Tieren, Menschen. Die Kraft ihrer Schau wurde geformt durch die Heilige Schrift, die Liturgie und die Kirchenväter. In allem aber blieb sie der demütig staunende Mensch. Hildegard starb am 17. September 1179. Papst Benedikt XVI. hat sie am 10. Mai 2012 heilig gesprochen und am 7. Oktober 2012 zur Kirchenlehrerin erhoben.
Lk 7,11-17: Junge, ich sage dir: Steh auf!
Nain bedeutet „die Geblümte“. Ein kleines Dorf in den Hügeln unweit von Nazareth. Doch die Florita ist verwelkt: Die kleine Gemeinde ist von einer schweren Trauer heimgesucht worden. Jesus wird Zeuge einer Beerdigungsszene: Der einzige Sohn einer verwitweten Mutter wird aus dem Dorf geführt, um begraben zu werden.
Einziger Sohn einer verwitweten Mutter: Das klingt wie der Beginn der schrecklichsten aller dramatischen Geschichten. Und so ist es auch. Jesus empfindet Mitleid, er ist nicht gleichgültig gegenüber dem, was geschieht, er verstellt sich nicht, er macht keine Miene zum bösen Spiel, wie wir es oft tun. Das Verb, das verwendet wird, um den Gemütszustand Jesu zu beschreiben, deutet auf einen inneren Schmerz hin, auf ein Zerreißen, auf eine Gefühlsregung.
Unser Gott ist nicht gleichgültig gegenüber dem Schmerz, er ist nicht glückselig in seiner Vollkommenheit, er hat keine Angst vor seinen Gefühlen. Und er greift ein: Das Kind wird zu seiner Mutter zurückgebracht. Wie viele Fragen wirft diese Seite auf! Gott liebt das Leben, er wird zum Handeln bewegt, das sagt diese Episode. Aber wie viele andere Einzelkinder verwitweter Mütter liegen noch im Grab? Bald wird ein anderer einziger Sohn einer verwitweten Mutter, Jesus, sterben, um den Tod für immer zu besiegen.