Zu den Quellen der frohen und begeisterten Nachfolge
Der glaubwürdige Verkünder unserer Zeit kann nur „ein überzeugter, begeisterter, zuversichtlicher, liebender Mensch“ sein (EG 266). Laut Papst Franziskus ist es derjenige, der die Ehre Gottes sucht (der beste Schutz für das Wohl der Person und die Verteidigung bis zum bitteren Ende der Wehrlosen und Kleinen) und ein Mann oder eine Frau des Gebetes ist (der notwendige Weg, um für die ganzheitliche Befreiung zu kämpfen und sie zu erlangen). Franziskus schreibt: „Es geht um die Herrlichkeit des Vaters, die Jesus während seines ganzen Lebens suchte“ (EG 267), und es ist notwendig, „fest im Gebet verankert zu sein, ohne das alles Tun ins Leere zu laufen droht und die Verkündigung letztlich keine Seele hat.“ (EG 259).
Es genügt, an das äußerst wertvolle zweifache Vermächtnis Ambrosolis zu erinnern, das wir nicht außer Acht lassen dürfen und das sich wie ein roter Faden durch sein ganzes Leben zog: der Atem des Gebets und das Seufzen angesichts des Todes durch die Hingabe an den Willen Gottes. Angesichts der Evakuierung eines Krankenhauses, der prekären Lage einer Schule und der Ungewissheit, Uganda verlassen zu müssen, flüstert er vor seinem Tod: „Herr, dein Wille geschehe, auch wenn es hundertmal sein sollte“. Der Gott, der angerufen wird, ist der Gott, der als Protagonist von allem, von Gegenwart und Zukunft, anerkannt wird. Das scheinbare Scheitern kann also durchaus als „das geliebte Scheitern“ bezeichnet werden. Und das kann nur einer sein, der schon in seiner Jugend schrieb: „Der Wert des Apostels liegt im Gebet“. Und als erfahrener Chirurg wiederholte er: „Gott ist es, der handelt. Ich bin unwissend!“, und auf dem Sterbebett bat er: „Hilf mir zu beten! Ich möchte beten“. Genau das tat er oft mit den Kranken, wenn er sie nicht mehr behandeln konnte, indem er sie bat, mit ihm zu beten und das im Operationssaal anwesende Personal in das Gebet einbezog. Dr. Luciano Tacconi, der von 1978 bis 1987 in Kalongo tätig war, schrieb: „In den dramatischsten Momenten einer Krankheit wollten wir Mitarbeiter schnell machen, da wir der Ansicht waren, dem Patienten Zeit wegzunehmen, die Pater Ambrosoli stattdessen dazu nutzte, ihn auf den letzten Gang vorzubereiten. Es ging uns auf, dass die Vorbereitung eines Mannes oder einer Frau auf den Tod auch zu den Aufgaben eines Arztes gehört und den Respekt widerspiegelt, den man für die ganze Person haben muss: Leib und Seele.“
In völliger Hingabe an den Willen Gottes und mit dem Gebet ist sein Dienst heilbringende Verkündigung geworden. Er hat buchstabengetreu verwirklicht, was Papst Franziskus über den wahren Missionar schreibt: „Jesus sucht Verkünder des Evangeliums, welche die Frohe Botschaft nicht nur mit Worten verkünden, sondern vor allem mit einem Leben, das in der Gegenwart Gottes verwandelt wurde.“ (EG 259). Der durch die Mission gestählte Pater Giuseppe fasste all dies in seinem unvergesslichen Motto zusammen: „Gott ist Liebe. Ich bin der Diener des Nächsten, der leidet“.
Die Frage, die wir uns sowohl als Einzelne als auch als missionarische Gemeinschaft stellen müssen, ist unausweichlich: Es geht nicht so sehr darum, ob wir beten oder für wen wir beten, sondern um die Qualität unseres Gebetes.
Die Erfahrung, ein Volk zu sein
Es gibt noch eine weitere unabdingbare Voraussetzung, um „Evangelisierende mit Geist zu sein, die sich ohne Furcht dem Handeln des Heiligen Geistes öffnen“ (EG 259): „Die geistliche Freude, Volk zu sein“ (vgl. EG 268-274). Diese Bedingung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Nähe lieben, sich den Menschen geistig nahe fühlen. Das sind Worte, die eine ungeheure konkrete Bedeutung haben. Nähe umfasst verschiedene Nuancen: bei den anderen „bleiben“, wenn sie fliehen; mit Leidenschaft lieben und leiden; in die Augen schauen; Kontakt spüren; den Raum ohne Selbstverteidigung erleben; da sein, wo etwas geschieht; über den Schein hinausgehen; usw. Nur so „kommen wir mit dem konkreten Leben der anderen ernsthaft in Berührung und lernen die Kraft der Zartheit kennen“ (EG 270), denn „wir erreichen die Fülle nur, wenn wir die Wände einreißen und sich unser Herz mit Gesichtern und Namen füllt!“
Papst Franziskus bringt hier ein bedeutungsvolles Beispiel für diese Nähe: „Um aus tiefster Seele Verkünder des Evangeliums zu sein, ist es auch nötig, ein geistliches Wohlgefallen daran zu finden, nahe am Leben der Menschen zu sein, bis zu dem Punkt, dass man entdeckt, dass dies eine Quelle höherer Freude ist. Die Mission ist eine Leidenschaft für Jesus, zugleich aber eine Leidenschaft für sein Volk“ (EG 268). Wenn wir wie Jesus mit jemandem sprechen, „müssen wir ihm mit einer tiefen Aufmerksamkeit voller Liebe in die Augen schauen … uns mit denen freuen, die sich freuen, mit denen weinen, die trauern, und uns für den Aufbau einer neuen Welt mit den anderen einsetzen“ (EG 269); „Jesus aber will, dass wir mit dem menschlichen Elend in Berührung kommen, dass wir mit dem leidenden Leib der anderen in Berührung kommen… dass wir darauf verzichten, unsere persönlichen oder gemeinschaftlichen Zuflüchte zu suchen, die uns erlauben, gegenüber dem Kern des menschlichen Leids auf Distanz zu bleiben“ (EG 270).
Ambrosoli zeigte eine einzigartige Fähigkeit, bei den Menschen zu sein, da er mit jedem gute Beziehungen aufbauen konnte, mit den unterschiedlichsten Menschen auf natürliche Weise zusammenlebte und für jede Bitte ein offenes Ohr hatte. Geduld, Dienstbereitschaft und Selbstvergessenheit, gewürzt mit seinem ständigen Lächeln, zeigten nicht nur, wie verbunden er mit den Menschen im Umfeld des Krankenhauses war, sondern dass es der Weg der Freude und Gelassenheit ist, der für das Wohlbefinden und das Zusammenwachsen unerlässlich ist.
In seiner sprichwörtlichen „Geduld“ berühren wir die äußerste Grenze der Nächstenliebe des Missionsarztes Ambrosoli: Der andere wurde in seiner ganzen Verschiedenheit angenommen, sei es der kranke Afrikaner, sei es der Arzt, der nach Kalongo gekommen war, um sich als Chirurg auszubilden. Schwester Silveria Pezzali, die 14 Jahre mit ihm in Kalongo verbrachte und sich oft über seine unendliche Geduld beklagte, antwortete er unermüdlich: „Annehmen, tolerieren, verzeihen und lieben“.
Viele, die ihn kannten, sagten von ihm: „Er schien nichts anderes zu tun zu haben, als seinem Gegenüber zuzuhören“. Es war vielmehr die tägliche Anwendung eines inneren Kriteriums, das er seit langem vertrat: „Um lieben zu können, muss ich mir ein Urteil über die Liebenswürdigkeit meines Gegenübers bilden“. Das „Urteil der Liebenswürdigkeit“ war sein Markenzeichen, privat und öffentlich, bei Europäern und Afrikanern, bei Gebildeten und Analphabeten. In den Augen der einfachen Leute ist dies ein heikles Thema, bei dem man nicht mogeln kann. Lino Labeja, ein Katechist aus Kalongo, sagte: „Ich habe noch nie einen Menschen gefunden, der so bereitwillig zuhört wie Pater Ambrosoli“. Und Martino Omach, ebenfalls ein Katechist: „Er kümmerte sich in ganz besonderer Weise um die Armen, Witwen und Waisen“. Kein Wunder also, dass ein anderer Katechist, John Ogaba, in seiner Aussage folgende bewundernde Worte fand: „Durch seine Art, die Menschen zu empfangen und mit ihnen zu sprechen, sie zu beraten und zu ermutigen, hatte man den Eindruck, vor Jesus zu stehen. Er hatte großen Respekt vor allen Menschen, vor allem aber vor den Armen und Verlassenen“. Kurzum: Wer in Schwierigkeiten war, wusste, dass er auf Pater Ambrosoli zählen konnte. Wenn er sich nicht scheute, zur gegebenen Zeit einen arroganten und gewalttätigen Mitbruder auch in der Öffentlichkeit zurechtzuweisen, ohne seine Ruhe und Gelassenheit zu verlieren, so konnte er ihn später öffentlich verteidigen, wenn er seinerseits von einem Arzt geohrfeigt wurde.
Die unvergleichliche Bewunderung, die ihm entgegengebracht wurde, hing mit seiner sprichwörtlichen Sanftmut, Festigkeit, Einfachheit und Zugänglichkeit zusammen. Er hat sich nicht aufgedrängt – das hatte er nicht nötig -, er hat vielmehr alle angezogen.
Pater Ambrosoli drückte seine „Freude, zum Volk zu gehören“ aus, indem er in Kalongo bleiben wollte, um seinen medizinischen Dienst zu leisten, unter seinen Acholi zu sterben und als armer Mann unter seinem Volk begraben zu werden.
Gott hat ihn zu sich geholt, die Kirche hat ihn uns „zurückgegeben“, indem sie sein Vorbild und seine Verehrungswürdigkeit dekretiert hat. Ein Jahr nach seiner Seligsprechung sind wir eingeladen, das Lebensbeispiel und die missionarische Haltung des seligen Giuseppe Ambrosoli wieder aufzugreifen, sie kennenzulernen, zu verstehen, auszukosten und in unserem Leben zum Wohl der Mission und der Kirche neu Ausdruck zu verleihen.
Rom, 10. Oktober 2023
P. Arnaldo Baritussio, mccj Postulatore generale