Wie ich nach Milland gekommen bin? Ich hatte in der Volkschule in Feldthurns eine Klosterfrau als Klassenlehrerin, die der Meinung war, dass von acht Buben in meiner Familie zumindest einer von uns Priester werden sollte. Mein Onkel war schon Pfarrer, und meine Großmutter schickte mich, um auch in mir diesen Wunsch aufkommen zu lassen, immer wieder zu den Primizen in verschiedene Dörfer. Schließlich brachte mich meine Mutter eines Tages ins Missionshaus Milland, und als mich der Herr Rektor dort bei der Vorstellung fragte, ob ich Geistlicher werden möchte, habe ich das ganz spontan verneint. Meine Mutter hat mich deshalb geschimpft, weil sie Angst hatte, dass sie mich deshalb nicht nehmen würden. Doch meine ehrliche Antwort scheint dem P. Rektor Vinzenz Kirchler doch gefallen zu haben. Denn ich wurde am 1. Oktober 1961 tatsächlich aufgenommen.
Mein Onkel Johann, der Bruder meiner Mutter, brachte mich mit seiner Vespa ins Missionsseminar. Die erste Klasse Mittelschule musste ich wiederholen. Ich war dann ja bereits vierzehn Jahre alt und körperlich der Größte in der Klasse. Doch ab da habe ich keine Klasse mehr wiederholen müssen, sondern war immer der Klassenbeste. Die Zeit im Missionshaus war sehr lustig für mich. Wir spielten Fußball, konnten im Winter Eislaufen. Wir machten Bergtouren und spielten auch Theater. Ich erinnere mich zum Beispiel noch lebhaft an das Theaterstück: Die Buben von Buganda, bei dem ich einen Henker spielte. Eigentlich habe ich nur schöne Erinnerungen. Der Schulweg war zwar lang und dauerte etwa eine halbe Stunde. Wir mussten deshalb auch schon immer um 4.55 Uhr zur Frühmesse aufstehen. Nur am Sonntag durften wir bis halb sechs schlafen.
Was ich im Missionshaus fürs Leben gelernt habe, waren Disziplin und Ordnung und gegenseitiger Respekt. Das und Vieles mehr war für mein ganzes Leben ein großer Vorteil. Mit diesen Haltungen habe ich immer Erfolg gehabt. Im Missionshaus habe ich eine schöne Jugendzeit verbracht, für die ich heute noch sehr dankbar bin. Ich hatte Gelegenheit zu Musik und Sport und ich habe dort auch das Teilen gelernt. Im Rückblick betrachte ich meine Jahre in Milland für die damalige Zeit als echten Luxus. Wir durften auf einem gesunden Bauernhof aufwachsen und wurden im Missionshaus von unseren Erziehern beschützt und begleitet. Wir lebten sorgenfrei, sogar die Wäsche wurde gewaschen und gebügelt. Wir durften allerdings nur drei Mal im Jahr zu Weihnachten, zu Ostern und am Ende des Schuljahres nach Hause fahren.
Geistlicher wollte ich eigentlich nie werden, da ich die Mädchen zu sehr liebte. So habe ich mich zum Medizinstudium in Innsbruck entschlossen und studierte zuerst Allgemeinmedizin und spezialisierte mich dann zum Facharzt für Zahn- Mund u Kieferheilkunde. Heute habe ich eine große Familie, und ich bin sehr dankbar für meine gutherzige und liebevoll besorgte Frau und für unsere fünf Kinder und unsere vierzehn Enkelkinder. Dem Missionshaus danke ich für die schöne Zeit von neun Jahren, die ich dort verbringen durfte und für alles Gute, das ich dort bekommen habe. Denn das Missionshaus bot für mich damals die einzige Möglichkeit zu einer höheren Schulbildung. Während meine sieben Brüder ein Handwerk erlernten, durfte ich die Matura machen.
Dr. Toni Plattner