Gerechtigkeit (25. So. i. J. – Mt 20, 1-16)

Gerechtigkeit (25. So. i. J. – Mt 20, 1-16)

Das Wort Gerechtigkeit bedeutet in der Bibel nicht einfach nur die Gerechtigkeit im Sinne des Gesetzes oder die soziale Gerechtigkeit, sondern es meint die Gerechtigkeit des Evangeliums: „Euch aber muss es zuerst um das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben“ (Mt 6,33). Es ist dies die Gerechtigkeit, die dem Abraham angerechnet wird (Gen 15,6), in diesem Sinn ist Josef, der Verlobte Marias, ein gerechter Mann, und in diesem Sinn spricht Petrus von Jesus als dem „Heiligen und Gerechten“ (Apg 3,14).

Wie ist diese Gerechtigkeit des Reiches Gottes als wichtigstes Kennzeichen des Christen zu verstehen? In der Bibel wird vor allem betont, die vollkommene Gerechtigkeit oder Heiligkeit (oder, wie man auch sagen könnte: ein Leben im Dienste der Liebe) bestehe im Leben nach dem Willen Gottes, in einem Leben, das sich in allem auf Gott bezieht und Gott als inneren Grund und Antrieb allen Handelns erfährt.

Ein Leben, das sich in allem auf Gott ausrichtet, ist ein Leben der Nachahmung Gottes. Das letzte Ziel, auf das alle christlichen Haltungen und Verhaltensweisen und die gesamte christliche Moral ausgerichtet sind, besteht in der Nachahmung Gottes. Ganz klar kommt dies zum Beispiel in der Bergpredigt zum Ausdruck, wenn Jesus nach den einzelnen Beispielen für das Verhalten des Jüngers abschließend sagt: „Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (Mt 5,48).

Und auch im Brief an die Epheser fasst der Apostel die verschiedenen Mahnungen zu einem christlichen Leben mit der Ermahnung zusammen: „Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder“ (Eph 5,1).

Kardinal Carlo Maria Martini

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