Vor nicht allzu langer Zeit waren die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in Mexiko sehr angespannt. Eines der Gesetze war das absolute Verbot für Geistliche, kirchliche Kleidung zu tragen und religiöse Funktionen außerhalb der Kirche auszuüben.
Am Aschermittwoch wurde ich vom Pfarrer eines armen und dicht besiedelten Viertels der Hauptstadt eingeladen, in einer der verschiedenen Kapellen der Gemeinde die Asche zu verteilen. Bei einer solchen Gelegenheit sind mehr Menschen in der Kirche als an Weihnachten oder Ostern, darunter auch Kleinkinder. Gegen Abend nahm die Zahl der Gottesdienstbesucher unverhältnismäßig stark zu, und ich begann, mir Sorgen um die Menschenmenge vor der Kirchentür zu machen, insbesondere um die Sicherheit der Kinder, die Gefahr liefen, mit Füßen getreten zu werden. So beschloss ich, dass alle nach draußen gehen sollten, schloss die Kirchentür und begann, die Asche in geordneter Weise an die Menschen zu verteilen, die draußen auf dem Bürgersteig standen.
Es war schon fast dunkel, als ein Polizeiauto mit Blaulicht vor der Kirche hielt. Zwei Polizisten in Uniform stiegen aus und kamen eilig auf mich zu. Mein erster Gedanke war natürlich: „Oh, mein Gott, diesmal werden sie mich ins Gefängnis bringen!“ Stattdessen zogen die Polizisten ihre Mützen ab und baten mich: „Bitte, Herr Pfarrer, geben Sie uns die Asche“. Sie nahmen die Asche andächtig entgegen und dankten mir mit einer Verbeugung. Die Gläubigen lächelten erleichtert, und die Aschenausteilung setzte sich bis zum Abend fort.
Ich dankte der Vorsehung, auch wenn mein Abendessen zu Hause kalt wurde, aber wenigstens musste ich nicht auf der schmutzigen Strohmatratze eines Gefängnisses schlafen.
P. Vittorio Turchetti mccj (†)