Der Ausbruch des Krieges im Sudan am 15. April hat mich in meinem Urlaub in Spanien überrascht, und zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts konnte ich noch nicht in mein Einsatzland zurückkehren.
Ende Juli verließ ich Madrid in Richtung der Küstenstadt Port Sudan mit einem Zwischenstopp in Dubai. Ich freute mich darauf, „meine Leute“ im Sudan zu treffen. Nach der Landung auf dem Flughafen des Emirats holte ich mein Gepäck ab und ging zum Terminal, wo das zweite Flugzeug abfliegen sollte. Nach einigen Stunden des Wartens wurde uns ohne eine Erklärung mitgeteilt, dass der Flug gestrichen worden war. Dann las ich, dass ein Flugzeug der sudanesischen Armee abgestürzt war und der Flughafen von Port Sudan vorübergehend geschlossen wurde. Am nächsten Morgen kehrte ich früh zum Flughafen zurück. Als die Sudanesen ihr Gepäck eincheckten, erfuhr ich, dass neue Notstandsregelungen Ausländern die Einreise in den Sudan untersagen, sofern sie nicht über einen Diplomatenpass oder eine Sondergenehmigung verfügen. Mehr als drei Millionen Sudanesen, hauptsächlich aus dem Bundesstaat Khartum und der Region Darfur, haben ihre Heimat verlassen, um vor den Kämpfen zu fliehen. Einige, darunter auch Professoren der von mir geleiteten Universität in Khartum, dem Comboni College of Science and Technology, sind in diese Stadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten gekommen.
Hier befindet sich auch Isra, eine der Projektleiterinnen des 2019 von der Universität ins Leben gerufenen Gründerzentrums. Isra ist nicht wegen des Krieges hierher gekommen. Bevor der Konflikt ausbrach, hatte sie mir angekündigt, dass sie den Sudan verlassen würde, um in Dubai eine Zukunft zu suchen. Damals verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage stetig, und der Übergang zu einer demokratischen Regierung schien ins Stocken geraten zu sein. Isra fragte mich: „Und warum bleibst du?“ Ich erinnere mich, dass ich antwortete: „Weil dies meine Mission und mein Volk ist“. Isra ist Muslimin und war von der Antwort des Ausländers überrascht.
Lange vor diesem Gespräch, im fernen Jahr 2012, als der Südsudan bereits die Unabhängigkeit erlangt hatte, wollte die sudanesische Regierung die Zahl der Missionare im Sudan reduzieren, und der Generalvikar der Erzdiözese Khartum sagte zu uns ausländischen Missionaren: „Es kann sein, dass Sie nicht für alle eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen können. Wenn einer von Ihnen nicht überzeugt ist, dass er bleiben will, sollten Sie es mir besser sagen, denn ich werde um jede Genehmigung kämpfen müssen“. Ich erwiderte mit Überzeugung: „Ich verstehe die Mission als eine Ehe. Ich bin mit diesem Volk verlobt, und man verlässt seine Frau nicht, wenn es Schwierigkeiten gibt“. Gerade jetzt, wo ich weit weg vom Sudan bin und versuche, zurückzukehren, kommen diese Erinnerungen wieder hoch. Heute, mit etwas Abstand, würde ich sagen, dass der Missionar sich mit Christus durch das Volk, zu dem er gesandt ist, identifiziert.
Auf der Suche nach anderen Möglichkeiten, in den Sudan einzureisen, fand ich Zuflucht in der Pfarrei St. Mary in Dubai, wo die Comboni-Missionsschwestern eine Gemeinschaft haben und mit den sechs Priestern zusammenarbeiten, die 150.000 Gemeindemitglieder mit fünfzig Nationalitäten betreuen, vor allem Inder und Filipinos, aber auch Chinesen, Vietnamesen, Pakistaner, Südkoreaner, Libanesen, Syrer, Ägypter… Sie alle arbeiten in dieser Stadt, in der ein Arbeitstag locker elf Stunden dauert.
In der Kirche finden sie ihren Ruheplatz. Von außen sieht sie aus wie ein Hangar oder eine Lagerhalle, da kein äußeres Kreuz dieses christliche Gotteshaus erkennbar machen darf, aber ihr Inneres ist unverwechselbar. Jeden Sonntag werden vierzehn Messen gefeiert, an den Wochentagen vier. Die tägliche 19-Uhr-Messe wird von etwa 2.000 Menschen besucht und von einem Pianisten, einem Geiger und einem Chor mit wunderschönem Gesang begleitet. Die Menschen nehmen leidenschaftlich an jeder Feier teil. In den Katechesegruppen für Erstkommunion und Firmung befinden sich 6.000 Kinder und Jugendliche. Es ist unglaublich, dass es in einem Land wie den Vereinigten Arabischen Emiraten eine so lebendige christliche Gemeinschaft gibt. Sie können sich vorstellen, wie viele engagierte Laien benötigt werden, um die 264 Katechismusgruppen zu begleiten, die sich in den Klassenzimmern der drei Schulen des Pfarrkomplexes drängen, oder um bei jeder Messe die Kommunion auszuteilen. Aber dies ist nicht die einzige Pfarrei in der Stadt, die über drei Millionen Einwohner hat. Die Franziskaner betreiben eine zweite Pfarrei in Dubai. Auch in den anderen Emiraten des Landes gibt es ähnliche Situationen wie in St. Mary’s, mit Tausenden von Gemeindemitgliedern, meist aus dem Osten.
Während meines erzwungenen Exils hatte ich Gelegenheit, mich in Dubai umzusehen. Es ist eine extrem saubere, gut organisierte und luxuriöse Stadt. Ich kann verstehen, dass Isra dieses „Paradies auf Erden“ den Herausforderungen im Sudan vorzieht. Aber das ist nicht mein Fall. Ich sehne mich immer wieder danach, zurückzukehren und die wunderbaren Menschen in die Arme zu schließen, zu denen der Herr mich geschickt hat, und das umso mehr, als sie jetzt in Schwierigkeiten stecken. Ich bin unermüdlich in meinen Bemühungen, einen Weg in den Sudan zu finden.
Pater Jorge Naranjo