Lk 21, 34-36: Wacht, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen könnt
„Wachet und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.“ Lukas mahnt uns, wach zu bleiben; bereit zu bleiben; auf den Herrn zu warten, bis er kommt, im Gebet mit Gott und Jesus in Verbindung zu bleiben. Dann können wir `vor den Menschensohn hintreten‘ und eingehen in sein ewiges herrliches Leben.
Lukas erlebte eine innere Krise der Kirche – irgendwie auch wie wir heute. Die Mühsal der Mission rund um das Mittelmeer, die Paulus ja anschaulich geschildert hat, und die Schrecken der ersten Verfolgungen, unter denen viele Christen und Gemeinden gelitten hatten, waren am Ende des ersten Jahrhunderts n.C., als Lukas schrieb, einer großen Enttäuschung gewichen. Die erste Kirche hatte mit einer baldigen Wiederkehr Jesu Christi als Weltenrichter und kosmischem Herrscher gerechnet. Das Weltende und das letzte Gericht aber waren ausgeblieben. Die erste Begeisterung für die Sache Gottes war verflogen und es machte sich Gleichgültigkeit, Nachlässigkeit und Anpassung an die jüdische und heidnische Umgebung breit.
1. In diese Stimmung hinein schreibt Lukas seine Warnung davor, im alltäglichen Leben zu versinken und das außergewöhnliche, das Göttliche, den Glauben zu vernachlässigen oder zu vergessen. Spätestens nun erkennen wir die Parallelen zu unserer Zeit. Lukas ruft zur Wachsamkeit auf. Der Tag Jahwes und Christi kommt, irgendwann, plötzlich ist er da. Und so ist es tatsächlich. Man muß sich nur von der Vorstellung trennen, er käme in unserer Zeit zu einem bestimmten Termin für alle Menschen aller Zeiten auf der Erde. Wenn der Tag der erste Tag der Ewigkeit ist, geschieht er immer schon zu allen Zeiten, zeitlos, eben ewig. Das heißt, er geschieht jedesmal dann, wenn ein Mensch aus dieser Zeit übertritt in die Ewigkeit. Bei seinem Tod kommt der Mensch in den ersten Tag der Ewigkeit. Und dann erlebt das, was für diesen `Tag Jahwes‘ oder der Wiederkunft Christi prophezeit ist.
