Krankheit (1982) und Evakuierung von Kalongo (1987)
Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich es Pater Ambrosoli gelingt, sein geistliches Leben unter dem Banner der Wesentlichkeit und Einfachheit mit seinem chirurgischen Dienst zu verbinden, der immer höhere Anforderungen an Leistung und Kompetenz stellt. In diesem Sinne hat die Begegnung mit der Spiritualität von Charles de Foucauld seinen Weg erleuchtet. So hat sich der Weg, den er als junger Mann eingeschlagen hatte, vertieft und ihn dem historischen Jesus immer nähergebracht, indem er sich dem „Gebet der Hingabe“ und der Annahme des „geliebten Scheiterns“ von de Foucauld geöffnet hat. Im Notizbuch der Exerzitien notierte er: „Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich weiterhin zu bemühen, in der Gegenwart Jesu zu leben, und mich oft zu fragen, was er an meiner Stelle tun würde“. Seinem Freund Piergiorgio Trevisan vertraut er an: „Meine einzige Enttäuschung ist, dass jemand meine Frage, ob ich mich zum Besseren verändert habe, mit nein beantwortet! Auf jeden Fall lebe ich viel glücklicher als früher, auch wenn ich mehr Opfer bringen muss. […] Ich danke dem Herrn immer, dass es so viel Arbeit gibt, denn dafür sind wir ja da, und durch die medizinische Arbeit können wir die Seelen so vieler kranker Menschen erreichen. In diesen Ländern geht die Seelsorge immer über den Körper. Das hört sich seltsam an, aber so ist es“.
Unantastbare Aussagen, die ihm im Dezember 1982 wieder in den Sinn kamen, als er erkrankte (eine Niere verkümmert und die andere ist stark beeinträchtigt, mit einer auf 30 % reduzierten Funktion), und während der katastrophalen Jahre nach Amin, die die Geschichte Ugandas dramatisch prägen sollten: die Zeit der zweiten Regierung Obotes (vom 17. Dezember 1980 bis zum 27. Juli 1985), das kurze Interregnum von Bazilio Olara Okello (27. Juli 1985) und General Tito Okello (29. Juli 1985 – 26. Januar 1986), gefolgt von ihrer Absetzung, die Einnahme von Kampala durch Yoweri Kaguta Museveni (26. Januar 1986) und die schrittweise „Befreiung“ Ugandas. Die Reste der Okello-Armee fliehen entweder in den Norden oder in den Südsudan. Andere verstecken noch ihre Waffen und bleiben in ihren Häusern, um die Entwicklung der Ereignisse abzuwarten. Nach dem Rückzug und der Niederlage plündern und morden die Besiegten natürlich weiter im Süden. In den nördlichen Regionen wächst der Stammeshass. Nicht einmal die Missionen werden verschont. In der Pfarrchronik von Kitgum heißt es: „Am meisten betrübt uns und das Volk, dass die Räuber zu unserem Stamm gehören: ‚Es sind unsere Kinder‘, bemerken sie untröstlich“. Es herrscht ein Klima großer Verwirrung und Angst, da die Menschen auf die Ankunft von Regierungstruppen warten, die ein Mindestmaß an Ordnung wiederherstellen und Frieden bringen sollen. Die Lage in Kalongo ist ebenfalls dramatisch, so dass Pater Ambrosoli schreibt: „1986 war das schwierigste Jahr meiner dreißigjährigen Tätigkeit in Kalongo“.
Das befürchtete Nachspiel – die Mitteilung über die Evakuierung des Krankenhauses von Kalongo – erfolgte am 30. Januar 1987. Am
7. Februar erhielten wir den Befehl, die Abreise vorzubereiten. Am 13. fahren 16 Lastwagen vor. Es bildet sich ein langer Konvoi: 34 Autos und Lastwagen mit 1.500 Soldaten und Zivilisten. Hinter ihnen stehen die Lagerhäuser in Flammen, Lebensmittel und Medikamente werden zu Asche. Von der gesamten Krankenhausausstattung konnten nur 20 % mitgenommen werden.
Der Generalobere, Pater Francesco Pierli, schrieb einen bewegenden Brief an Pater Ambrosoli. Darin steht unter anderem: „Für uns alle war das Krankenhaus in Kalongo viel mehr als ein einfaches Krankenhaus. Es war das Zeichen dieser leidenschaftlichen Liebe zu den Menschen, dieser Sorge um die Leiden der Menschen, das den schönsten Kern unserer Berufung ausmacht. […] Ich mache mir Ihre Worte zu Eigen: ‚Das Herz leidet, aber Glaube und Hoffnung mildern alles‘“.
Die erlebte Katastrophe tötet aber die Hoffnung nicht: Dieser
Exodus von Menschen – Missionaren, Missionsschwestern, Ärzten, Kranken und Hebammen, die kurz vor ihrer Abschlussprüfung stehen – ist der heroische Akt der Liebe und der Identifikation mit einem Volk und einem Werk. Dies erklärt die Entscheidung von Pater Ambrosoli, sich in Afrika neben seinem Krankenhaus begraben zu lassen. Das erklärt auch, warum er unter Einsatz seines Lebens die Hebammenschule retten wollte, um den Frauen, die sich so lange vorbereitet hatten, die offiziellen Prüfungen zu garantieren. Dies hilft uns zu verstehen, dass die Worte, die er bei seinem Tod in Lira flüsterte, als Schlusspunkt und unmissverständliche Offenbarung dessen zu betrachten sind, was sein ganzes Leben innerlich bewegt und angetrieben hat: „Herr, dein Wille geschehe, und sei es hundertmal…!“ Am Freitag, dem 27. März 1987, verstarb er um 13.50 Uhr im Alter von 64 Jahren an vorderster Linie.
Es ist der Abschluss eines spirituellen Weges, der seinen Höhepunkt erreicht hat, weil er Ambrosolis volle Einheit mit dem liebevollen Plan Gottes offenbart. Man sieht darin ein klares Gespür für die „Stunde Gottes“, im Bewusstsein, dass dort jeder Gedanke, jede Anstrengung, jedes menschliche Projekt seinen rechtmäßigen Platz und seine Lösung findet. Es ist der Augenblick der vollen Vereinigung mit Gott und der klarste Ausdruck der Liebe zu den Brüdern und Schwestern, die nun der Freiheit und Autonomie übergeben werden. Pater Ambrosoli besiegelte im Tod endgültig, was er im Leben immer gewesen war: „ein Mensch unter Menschen“.
Sein ganzes Leben in Uganda war geprägt von dieser doppelten Bewegung des einfühlsamen Glaubens an den Menschen neben ihm und des medizinischen Dienstes, den er voll unentgeltlich leistete. Laut Missionar Ambrosoli kann man keinen professionellen Dienst leisten, der erhebt, heilt und rettet, ohne tiefe Liebe für den Menschen; ebenso wenig kann man echte Empathie zeigen, ohne professionell das Beste von sich selbst zu geben.
In seinem Leben sehen wir den grundlegenden Aspekt der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils verwirklicht: „Die Kirche ist in Christus gewissermaßen das Sakrament, das heißt, das Zeichen und das Werkzeug der innigsten Vereinigung mit Gott und der Einheit des ganzen Menschengeschlechts“ (Lumen gentium, 1). Diese Ekklesiologie ist heute aktueller denn je: Die Kirche erfüllt ihre Sendung in erster Linie nicht durch die Einführung oder die Verbesserung von Strukturen, als vielmehr durch den Vorrang, den sie den menschlichen Beziehungen im konkreten Leben einräumt. Diese Beziehungen wiederum werden der Kirche die richtigen Kontakte zur Welt und zur Gesellschaft aufzeigen und ihr helfen, mutig und kreativ auf die Anforderungen und Veränderungen der heutigen, sich wandelnden Situationen zu reagieren.