Das 19. Generalkapitel der Comboni-Missionare, das sich von der biblischen Ikone „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ (Joh 15,5) inspirieren ließ, fand vom 1. Juni bis 1. Juli im Generalat in Rom statt. Neunundsechzig Kapitulare und vier Beobachter nahmen daran teil.
Die ersten vier Tage dienten der Vorbereitung. Das Kapitel begann offiziell mit einer Eucharistiefeier am Pfingstsonntag, 5. Juni. Es hatte eigentlich schon viel früher begonnen, da es laut Ankündigungsbrief vom 19. Juni 2020 für September 2021 geplant war, aber aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben wurde. Während dieser Zeit fand ein synodaler Reflexionsprozess auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene sowie in den Jurisdiktionsbereichen und auf den Kontinenten statt.
Das Kapitel bestand aus drei Phasen. Die erste Phase galt der Vorbereitung und umfasste das gegenseitige Sich-Kennenlernen, die Wahl der Dienstbeauftragten, einen Gebets-Besinnungstag und eine kurze Einführung in die missionarische, synodale und geschwisterliche Kirche, im Sinne des Lehramts von Papst Franziskus. Dem folgte die Phase des Hinhörens auf die Berichte der Generalleitung, der Kontinente, der Provinzen und Delegationen, der Vorbereitungskommission, der Comboni-Bischöfe, der Comboni-Missionsschwestern (SMC), der Comboni-Säkularmissionarinnen (MSC) und der Comboni-Laienmissionare (LMC). Im Verlauf der letzten Phase wurden die grundlegenden Elemente gesammelt, mit denen sich das Kapitel beschäftigen würde, sowie die Prioritäten und Ausrichtungen für die kommenden sechs Jahren.
Der Claretiner P. Gonzalo Fernández, der das gesamte Kapitel als Facilitator begleitete, sprach zum Thema „Wertschätzende Unterscheidung: eine spirituelle Reise“. Er schlug eine neue Arbeitsmethode vor, nämlich „gleich von allem Anfang an jene Art von Geschwätz zu vermeiden, das am konkreten Leben nichts ändert“. Gleichzeitig stellte er drei unerlässliche Vorgehensweisen vor – die synodale, erzählende und wertschätzende – und erläuterte sie im Einzelnen.
Am letzten Tag der Vorbereitungsphase zogen sich die Kapitulare zu einem Besinnungstag zurück, den der Comboni-Missionar Kardinal Miguel Ángel Ayuso Guixot, Präsident des Dikasteriums für den Interreligiösen Dialog, gestaltete.
Das Kapitel wurde am Pfingstsonntag wurde offiziell mit einer Eucharistiefeier eröffnet, bei der die Kapitulare vereidet wurden.
In der zweiten Phase des Kapitels wurden die Berichte der Generalleitung, des Generalsekretärs, der Abteilungen für Mission, Ausbildung und Begleitdienst sowie der Büros Prokura, Bibliothek, Archiv, Postulation, Studium Combonianum und Medien vorgetragen. Dem folgten die Berichte des Generalverwalters und die Kontinentalberichte der französischsprachigen Provinzen Afrikas und der englischsprachigen Provinzen Afrikas plus Mosambik. Sie sollten einen Einblick in die Realität der Provinzen und des afrikanischen Kontinents im Allgemeinen geben. Es gibt viele positive Zeichen, aber auch viele besorgniserregende Situationen: bewaffnete Konflikte und Unsicherheit, Migranten und Vertriebene, ungleiche Verteilung des Wohlstands und soziale Ungleichheit, Armut, Korruption und Menschenrechtsverletzungen.
In den Berichten von Amerika und Asien präsentierten die zuständigen Kapitulare die Realität der Kontinente, aber auch der einzelnen Länder, in denen Comboni-Missionare präsent sind: Philippinen, Taiwan, Macau, Vietnam und China einerseits und USA, Kanada, Mexiko, Guatemala, Costa Rica, El Salvador, Kolumbien, Ecuador, Peru und Brasilien anderseits. Die Arbeit wurde mit den Berichten der europäischen Provinzen fortgesetzt.
Im weiteren Verlauf meldete sich online der Erzbischof von Asmara/Eritrea, Menghesteab Tesfamariam mccj, im Namen der 21 über die ganze Welt verteilten Comboni-Bischöfe zu Wort: „Die aktuellen Umstände in den Ländern und Ortskirchen, in denen wir leben und arbeiten, sind schwierig und vielfältig… sie beeinflussen auch die Lage unserer Kirchen“.
Anschließend ergriff die Generaloberin der Comboni-Missionsschwestern, Sr. Luigia Coccia, das Wort. Sie erinnerte an den 150. Jahrestag der Gründung ihrer Kongregation, den sie gerade feiern. „Rückbesinnung auf das Charisma und Neuorganisation der Einsätze“ sind die Hauptziele des Jubiläums.
Der Koordinator der Comboni-Laienmissionare, Alberto de la Portilla, sprach von den etwa 400 Mitgliedern und deren Aufenthalts-Einsatzorten, um einen Eindruck von der Größe der Bewegung zu vermitteln. Er erwähnte auch einige geschichtliche Einzelheiten, die internationalen Treffen und ihre Sorgen und Herausforderungen.
Dann war Maria Pia Dal Zovo, Generalvertreterin der Comboni-Säkularmissionarinnen, an der Reihe, die aus der Geschichte ihres Instituts erzählte, wie ihre Mitglieder das Leben mit den Laien in den verschiedenen Milieus und im Alltag der Gesellschaft teilen. Schließlich drückte sie den Wunsch aus, „sich immer tiefer bewusst zu werden, dass sie Teil derselben charismatischen Familie sind“.
Im Anschluss wurden alle eingeladen, die Prioritäten, die sich aus den Berichten der letzten Tage ergeben hatten, in drei Begriffe zu fassen: Krankheiten (die den Ruf Gottes verdunkeln); Lebenssamen (die uns Kraft und Hoffnung geben), Anrufe (die wir als klare Rufe Gottes vernommen haben). Nach der Gruppenarbeit hat die Versammlung die drei von der Kapitelskommission aufgezeigten Wege als Prioritäten angenommen: Ministerialität; Überprüfung und Überarbeitung der Ausbildung; Gütergemeinschaft, Güterteilung und Nachhaltigkeit. Zwei zusätzliche Prioritäten wurden hinzugefügt: Gemeinschaftsleben und missionarisch-combonianische Spiritualität.
Zu Beginnder dritten Phase – Beschreibung von Träumen und Beginn der Planung – wurden die Kapitulare aufgefordert, „zu träumen und zu überlegen“ (Follow your dreams), wie sie sich ihr 2028 wünschten, und sich erst dann auf die Leitlinien zu konzentrieren und konkrete Verpflichtungen festzulegen.
Am 18. Juni wurden die Kapitulare von Papst Franziskus im Vatikan in Audienz empfangen. In seiner Ansprache betonte er unter anderem: „Wenn wir als Reben fest am Weinstock hängen, fließt der Lebenssaft des Geistes von Christus in uns hinein und alles, was wir tun, bringt Frucht, denn es ist nicht unser Werk, sondern die Liebe Christi, die durch uns wirkt. Das ist das Geheimnis des christlichen Lebens und insbesondere der Mission überall, in Europa wie in Afrika und anderen Kontinenten. Der Missionar ist der Jünger, der so sehr mit seinem Meister und Herrn verbunden ist, dass seine Hände, sein Geist, sein Herz ‚’Kanäle‘ der Liebe Christi sind“.
In den folgenden Tagen wurden die von den einzelnen Gruppen vorgeschlagenen Leitlinien und Verpflichtungen im Zusammenhang mit den fünf Prioritäten formuliert, vorgetragen, diskutiert und über sie abgestimmt. Danach beschäftigen sich die Kapitulare mit spezifischen Themen, besonders mit den 202 Änderungsvorschlägen zur „Lebensform“, der Ordensregel der Comboni-Missionare.
Da einige Mitbrüder positiv auf Covid getestet worden waren, hatte Kardinal João Braz de Aviz, Präfekt des Dikasteriums für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens, der am Freitag, dem 24. Juni, mit den Kapitularen das Herz-Jesu-Fest hätte feiern sollen, sein Kommen abgesagt. An dessen Stelle sprach P. Gonzalo am Vormittag und führte die Kapitulare in den bevorstehenden Wahlprozess ein. Bei der Wahl des Generaloberen wurde Pater Tesfaye Tadesse G. mit großer Mehrheit für eine zweite Amtsperiode zum Generaloberen der Kongregation gewählt.
Bevor die Arbeit mit der Lebensform weiterging, hielt Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle, Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung der Völker, der wegen der Covid-Fälle im Haus nicht wie geplant persönlich anwesend sein konnte, seinen Vortrag per Video-Übertragung. Die Wahl der vier Generalassistenten ergab folgendes Ergebnis: P. Luigi Fernando Codianni, Br. Alberto Lamana Cónsola (wiedergewählt), P. David Costa Domingues und P. Elias Sindjalim Essognimam.
Am vorletzten Tag wurden die fünf vom Kapitel ausgewählten Prioritäten noch einmal durchgesehen und dann das Dokument mit den Träumen, Leitlinien und Verpflichtungen für die nächsten sechs Jahre verabschiedet: Spiritualität; Identität und Gemeinschaftsleben; Überarbeitung der Ausbildung; Ministerialität und Neuqualifizierung; Gütergemeinschaft, Güterteilen und Nachhaltigkeit.
Anschließend wurden noch weitere Themen behandelt wie Missionsdienst der Scholastiker, Amtsdauer der Verwalter, Ausgabenbegrenzung der Provinzen und Delegationen und Ernennung der post-kapitularen Kommission. Am 1. August wird der neue Generalrat sein Amt antreten, am 1. September werden die Beschlüsse des Kapitels mit der Veröffentlichung der Kapitelsdokumente in Kraft treten.
Nachdem die Kapitulare sich im Kapitelsaal getroffen hatten, um den Brief an alle Mitbrüder abzusegnen, abschließende Orientierungen zu erfahren und das Kapitel zu bewerten, ging das Generalkapitel mit einer abschließenden Eucharistiefeier zu Ende.
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