Die missionarische Berufung, die aus der Familie kommt. Engagement in der Pfarrgemeinde. Kontakt mit Missionaren. Das Studium. Eine erste Erfahrung als Priester bei den Pokot, und jetzt in Spanien, um Kommunikation zu studieren. Pater Obwaya Justus Oseko, ein 35-jähriger Kenianer, berichtet von seinem Berufungsweg.
Jeden Samstag war es in meiner Familie üblich, sich zu versammeln, um gemeinsam das Wort Gottes zu lesen – normalerweise den Text des Sonntagsevangeliums – und darüber nachzudenken. Mein Vater spielte bei diesen Treffen eine entscheidende Rolle. Er bat jeden von uns, den Text zu lesen, und forderte uns dann auf, das mitzuteilen, was uns persönlich berührt hatte. Andererseits bestand meine Mutter sehr darauf, dass wir den Rosenkranz beten, ein Gebet, das meinen Glauben immer gestärkt hat und mir half, die Bedeutung der Jungfrau Maria auf unserem Lebensweg zu verstehen.
Diese familiären Erfahrungen der Nähe zu Gott ermutigten mich, der Berufungsgruppe in meiner Pfarrei Our Lady of the Assumption in Nyamagwa beizutreten, wo der Samen, den meine Eltern gepflanzt hatten, aufging. So verpflichtete ich mich, Messdiener zu werden, um den Priestern bei den Eucharistiefeiern zu helfen. Nach meinem Schulabschluss begann ich im Chor der Gemeinde Queen of Apostles in Nyakegogi mitzuwirken. Während dieser Zeit lernte ich Musik, und wenn die beiden Hauptchorleiter abwesend waren, leitete ich die Proben der Gruppe selbst. Durch meine Mitgliedschaft im Chor lernte ich viele Menschen kennen, die sich in der Kirche engagierten, und begegnete zum ersten Mal den Comboni-Missionaren.
Ich erinnere mich, dass ein Freund mir eines Tages eine Broschüre gab, in der erklärt wurde, wer sie waren. Die Lektüre löste in mir großes Erstaunen und den Wunsch aus, den Bedürftigsten durch ein Leben als Missionar zu dienen. Leider sind die Entscheidungen, die Kinder treffen, für Eltern nicht immer leicht zu akzeptieren. Es mag widersprüchlich erscheinen, aber mein Vater, der mich so sehr beeinflusst hatte, ein guter Christ zu werden, wollte nicht, dass ich Priester werde. Er war überzeugt, dass es das Beste für mich wäre, Arzt zu werden. Es bedurfte vieler Überlegungen und Diskussionen zwischen uns beiden, bis er meine Entscheidung akzeptierte.
Ich war begeistert vom Beispiel des Gründers der Comboni-Missionare, des heiligen Daniel Comboni, und seiner Entschlossenheit, den Armen zu dienen und ihr Leid zu lindern. Das Leben dieses Heiligen zu kennen, war für mich wie eine Offenbarung, die mich motivierte, in seine Fußstapfen zu treten, der Kongregation beizutreten und an seiner Missionsarbeit mitzuwirken. Ich schrieb an den Comboni-Priester, der für Berufungspastoral zuständig war, und er lud mich zu einem Berufungstreffen für Priesteramtskandidaten mit dem Thema „Komm und sieh“ ein, wo ich meine Entscheidung für das missionarische Leben bekräftigte.
Kurz darauf trat ich in das Vorpostulat ein, eine Vorbereitungszeit vor dem Beginn meines Philosophiestudiums. Diese erste Phase erlebte ich im Viertel Mukuru Kwa Reuben in Nairobi, in dem von den Schwestern der Barmherzigkeit geleiteten und von Catherine McAuley gegründeten Zentrum. Während meines Aufenthalts nahm ich an zahlreichen sozialen Aktivitäten teil und lernte das Leid vieler Menschen kennen. Dieser Dienst an den Armen hat in mir den Wunsch geweckt, ihnen nach dem Vorbild des heiligen Daniel Comboni zu dienen. Am Ende des Vorpostulats war ich sehr glücklich und zufrieden mit der geleisteten Arbeit; mein Wunsch, Missionar zu sein und den Bedürftigsten zu dienen, war gewachsen.
Im Jahr 2010 begann ich mein Postulat und damit auch mein Philosophiestudium. Dafür verließ ich zum ersten Mal mein Heimatland und ging nach Lusaka (Sambia). Die zwei Jahre des Noviziats waren wunderbar, weil ich eine tiefe Erfahrung der Gnade Gottes gemacht habe, die ich als unverdient empfand. Anschließend studierte ich in Pietermaritzburg (Südafrika) Theologie. Nach dem Abschluss im Jahr 2018 ich in die Pfarrei Amakuriat im Nordwesten Kenias für meinen Missionsdienst geschickt, eine Phase der pastoralen Vorbereitung auf der Priesterweihe. Es waren zwei sehr bereichernde Jahre, in denen ich die halbnomadische Pokot-Bevölkerung begleitet habe. Am 6. August 2020 wurde ich zum Priester geweiht.
Während meiner Erfahrung als Priester in Kenia hatte ich die Möglichkeit, verschiedene Gruppen von Menschen zu begleiten und ihre Leiden und Freuden zu teilen. Der einfache Glaube und die Freude der Menschen, die trotz vieler Schwierigkeiten die Hoffnung nicht aufgeben, haben mich immer wieder beeindruckt. Mein kurzes Missionsleben war bisher ein Weg, den ich mit Anstrengung und ständiger geistiger Erneuerung zurückgelegt habe. Das Gebet ist für einen Missionar nicht optional, sondern grundlegend. Das Gebet hilft mir, mich selbst besser kennen zu lernen, führt mich in einen ständigen Kampf, mich von überflüssigen Aspekten meiner selbst zu befreien, und fördert den Erwerb grundlegender Werte, um der Mission zu dienen. Ich spüre, dass der Herr mich dazu aufruft, eine liebevolle Beziehung zu ihm zu haben, und indem ich diese Beziehung lebe, werde ich in der Lage sein, Gottes Barmherzigkeit widerzuspiegeln und anderen zu helfen.
Jedes Mal, wenn ich über mein Leben nachdenke, habe ich das Bedürfnis, all den Menschen, die einen positiven Beitrag zu meinem Weg des Glaubens und der Annäherung an Gott geleistet haben, meine aufrichtige Dankbarkeit zu zeigen. Ich fühle mich glücklich, mit einem Glück, das ich nicht in Worte fassen kann. Wäre der Glaube an Gott nicht, würde ich wie ein kopfloses Huhn herumlaufen, laut und hektisch durchs Leben hetzen. Jetzt hat für mich ein neuer Abschnitt begonnen. Seit knapp einem Jahr bin ich in Spanien, um einerseits Gruppen von Jugendlichen zu begleiten, die sich für die Mission öffnen, und andererseits, um digitale Kommunikation zu studieren, in der Hoffnung, dass alles, was ich lerne, ein Werkzeug sein wird, um die Mission besser zu vermitteln.