29. Sonntag – Reflexion: Mk 10,35-45

Maßlose Wünsche … hatten die zwei Brüder Jakobus und Johannes in den Augen der übrigen 10 Jünger. Ich glaube, es ist gut, maßlose Wünsche zu haben, auch für mich mit 84 Jahren. Haben wir keine Wünsche mehr, so stirbt auch unsere Sehnsucht, das Leben lebenswert und bestmöglich für uns und andere zu gestalten, es gleicht einer Selbstaufgabe. Maßlos war der Wunsch eines Schneiders von Ulm, der wie die Vögel über die Donau fliegen wollte, der noch nichts von der Thermik der Winde wusste und daher bei seinem Versuch in der Donau landete. Hätten nicht andere diese Sehnsucht des Fliegens weitergetragen, könnten wir heute nicht in die weite Welt fliegen. Hätte Daniel Comboni nicht den Traum gehabt, Afrika durch Afrika zu missionieren, trotz der tödlichen Krankheiten, hätten wir keine afrikanischen Gläubigen und Priester. Oder denken wir an Albert Schweitzer und andere evangelische Christen, die den ver-rückten Aufbruch in ferne primitive Länder wagten.

Jesus tadelt nicht die religiöse Sehnsucht der Jünger, in seinem Reiche in seiner Nähe sitzen zu wollen und mit ihm zu regieren. Er macht sie nur auf die Tragweite ihres Wunsches am Beispiel seines Lebens aufmerksam. Die Sehnsucht Jesu, uns das Himmelreich zu erschließen und zu eröffnen, wird keineswegs freudig und mit Anteilnahme aufgenommen, im Gegenteil, es ist ein Leidensweg geworden, den Jesus sich auch so nicht wünschte. Überraschend erschreckt nicht die Jünger die leidvolle Erfahrung, sie sind bereit, den Weg des Leidens mitzugehen. Jesus offenbart ihnen jetzt, dass die Platzverteilung im Himmel nicht seine Sache ist, dafür ist der Vater im Himmel zuständig, wem er ihn geben will.

Jesus macht die Jünger weiter auf die Herrschaftssysteme aufmerksam in denen sie leben. Auch wir in Deutschland sind von vielen Diktaturen und fremden Religionen umgeben und kommen auch an die Schmerzgrenze durch schwere Krankheiten, Umweltzerstörung durch Klimawandel, kaum mehr bezahlbare Kosten für Wohnen und Heizen etc. Jesus sagt, fangt an, umzudenken, wirkt alle mit bei der Umgestaltung, seid Mitwirkende und nicht Herren oder bloß Schmarotzer der Fleißigen. Denn „auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Mk 10,45)

Charlotte Sachs
13.10.2021

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