Mt 5,20-26: Wer seinem Bruder zürnt, wird dem Gericht verfallen sein.
Jesus geht von der Theorie zu den Taten über. Nachdem er sich zur Auslegung der Tora geäußert und die Gleichsetzung des schriftlichen Gesetzes mit dem Wald von Vorschriften und Hinweisen des mündlichen Gesetzes abgelehnt hat, geht er nun ins Detail. Drei Kapitel lang konzentriert sich Jesus in der so genannten „Bergpredigt“ auf konkrete Situationen, um aus der erstickten rabbinischen Perspektive herauszukommen und einen Höhenflug zu wagen. Was die skandalöse Auslegung Jesu auszeichnet, ist seine Bereitschaft, die Kasuistik auf den Ursprung des Gebots zurückzubringen.
Die heutige Passage konzentriert sich auf den Gedanken der Gewalt und des Mordes: Während die Rabbiner unterschieden, wen man nicht töten sollte (Feinde konnte man natürlich ruhig töten), geht Jesus so weit, die Jünger aufzufordern, über verbale Gewalt, Klatsch und Bosheit nachzudenken, die Initiative zu ergreifen, sich mit seinem Bruder zu versöhnen, sich in die Lage des anderen zu versetzen, ohne sich besser oder besonders zu fühlen.
Eine harte, kompromisslose, verrückte Seite, die die Jünger an den Wert der Prophetie, des Zeugnisses, des Paradoxen erinnert. Jesus wird der erste sein, der diese Hinweise lebt und uns ein klares Beispiel dafür gibt, wie das Evangelium die Perspektive des Lebens radikal verändern kann.