Mt 23, 13-22 Weh euch, ihr seid blinde Führer!
Die Worte Jesu sind scharf und peitschen jetzt. Vorbei ist die Zeit der Galanterien, vorbei ist die Zeit des Dialogs: Er weiß, dass eine Verschwörung gegen ihn im Gange ist. Zu viel Neid auf ihn, zu destabilisierend seine Worte. Die Inhaber religiöser Macht, gestern wie heute, erleben ihre innere Freiheit mit großer Ungeduld. Und anstatt zu hinterfragen, sich zu bekehren, sich zu ändern, kürzen sie ab und töten diejenigen, die sie anklagen. So spricht er hart, heftig, mit unerträglicher Offenheit und prangert die kleinen großen Schwächen der Gläubigen an, ihren Bekehrungseifer, ihr ungerechtfertigtes Überlegenheitsgefühl, ihren Besserwissertum und unerträglichen Moralismus.
Die Weherufe, die Matthäus uns überliefert, zeigen uns, dass das Evangelium keineswegs auf die leichte Schulter zu nehmen ist. Das, was Jesus uns sagt, fordert uns zur Ernsthaftigkeit heraus. Dabei sind es gerade die Frommen und religiös Gewissenhaften, die Jesus als Warnung dienen: Ihr religiöser Gehorsam verkehrt sich in Ungehorsam gegenüber Gott, weil sie die Maßstäbe verkehren. Wenn der äußere Schein wichtiger wird als das innere Sein, verkehrt sich der Glaube in Unglaube.