Bruder Konrad Tremmel: Eine Handwerkerschule fürs Leben

Bruder Konrad Tremmel: Eine Handwerkerschule fürs Leben

Es ist eine schöne Aufgabe, jungen Menschen durch eine gute Berufsausbildung den Weg in eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Wir Comboni Missionare, die wir hier in Laiby im Norden Ugandas im Auftrag der Diözese Gulu schon seit 1995 eine große Handwerkerschule leiten, sehen darin einen wichtigen Teil unserer Mission.

Wer uns hier besucht, erlebt einen lebendigen Betrieb: Zwischen den einzelnen Produktionswerkstätten sind Arbeiter in Monteuranzügen unterwegs. Aus den Klassenräumen dringt Stimmengewirr. In unserer Berufsschule wird gehämmert, geschweißt, getischlert, frisiert und vor allem viel gelernt. Jedes Jahr bilden wir hier an die 280 junge Frauen und Männer zu Friseuren, Schreinern, Steinmetzen, Maurern, Elektrikern, Friseuren, Automechanikern und Schlossern aus.

Auf dem großen Gelände befinden sich nicht nur die Produktionswerkstätten und Klassenräume. Es gibt einen großen Saal für die tägliche Schulspeisung der Lehrlinge, einen Computerraum mit dreißig Computern, eine Solarwerkstatt, einen Fußballplatz und einen eigenen Gästetrakt. Wir betreiben auch einen Gemüsegarten und haben genügend Land für den Anbau von Mais, Bohnen und Maniok, was für den Unterhalt der Angestellten der Schule sehr wichtig ist.

Wir bewerben unsere Berufsschule regelmäßig im lokalen Radio. Die Auszubildenden kommen meist aus unserer Region. Wir haben aber auch Bewerbungen aus ganz Uganda. Die Religion der Interessenten spielt dabei keine Rolle, wohl aber die schulische Vorbildung. Sie entscheidet darüber, ob die Lehrlinge für eine vollständige zweijährige Berufsausbildung geeignet sind, in der neben der professionellen Praxis auch eine theoretische Grundlage geboten wird. Die kürzere Ausbildung dauert normalerweise sechs Monate und ist überwiegend praxisorientiert. Unsere Auszubildenden sollen nicht nur ein Handwerk erlernen, sondern vor allem darauf vorbereitet werden, einen eigenen Betrieb zu führen und selbstbewusst ihre eigene Zukunft zu gestalten.

Unser Zentrum hat sich in den letzten Jahren noch einer anderen und wesentlich schwierigeren Herausforderung gestellt. Der Norden Ugandas hatte seit Ende 1980 über Jahre einen grausamen Buschkrieg erlebt, in dem die Rebellen der sogenannten „Lord‘s Army“ Kinder und Jugendliche zwangsrekrutiert, verschleppt und systematisch zum Töten gezwungen haben. Mädchen wurden missbraucht und vergewaltigt und wurden schon als Teenager Mütter. Diese Kinder und Jugendlichen wurden ihrer Kindheit und Jugend beraubt, von ihren Familien getrennt, die vielfach nicht mehr bereit waren, sie wieder aufzunehmen. An Seele und Leib gebrochen, schwer traumatisiert und mit vielen Ängsten und Albträumen beladen kamen und kommen sie zu uns. Durch professionelle Hilfe möchten wir ihnen die Möglichkeit zur Aufarbeitung ihrer Vergangenheit und die Chance zu einem Neuanfang bieten. Bei uns bekommen sie eine Aufgabe und die Aussicht auf eine Lehrstelle. Für sie unterhalten wir Kontakte zu Handwerksbetrieben in ganz Uganda. Wir vermitteln Auszubildende für Praktika in der Umgebung und sogar bis in die Hauptstadt Kampala und unterstützen sie später im ganzen Land bei der Suche nach Arbeitsplätzen. Etwa zwei Drittel unserer Abgänger finden so für sich einen Job. Talentierte Absolventen übernehmen wir selbst in unsere eigenen Produktionswerkstätten.

Wir beschäftigen inzwischen 95 Angestellte und haben im Schnitt 280 Auszubildende. Unser Leitungsteam besteht aus 25 Lehrerinnen und Lehrern. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Produktionswerkstätten ist zum einen eine qualifizierte praktische Ausbildung garantiert. Zum anderen ist es uns aber auch ein wichtiges Anliegen, die jungen Leute persönlich zu begleiten und sie in menschlicher, sozialer und religiöser Hinsicht zu fördern. Deshalb gibt es während der gesamten Ausbildung immer wieder gemeinsame Eucharistiefeiern und Wortgottesdienste und gelegentliche Treffen von Gebetsgruppen mit Nachbarschulen. Sportliche Wettbewerbe und die traditionellen Tänze, die in der Kultur des Volkes der Acholi besonders beliebt sind, sind ein wichtiger Beitrag zu einem guten menschlichen Miteinander in unserer Schule.

In den letzten dreißig Jahren hat hier eine ganze Reihe von Brüdern der Comboni-Missionare eine großartige Arbeit geleistet, die von der Bevölkerung bis heute sehr geschätzt wird. In unserer Handwerkerschule in Layibi bin ich zurzeit noch der einzige Brudermissionar. Es ist kaum zu erwarten, dass wir künftig mit weiteren Mitbrüdern rechnen können, die sich für eine solches Projekt zur Verfügung stellen. Die größte Herausforderung für die Zukunft besteht deshalb darin, dafür Sorge zu tragen, dass gut ausgebildete einheimische Kräfte Schritt für Schritt unsere Aufgabe und die Leitung dieses Projekts übernehmen. Darauf habe ich in meiner missionarischen Tätigkeit in all den vergangenen Jahren, als ich in Kenia, Malawi und Uganda in ähnlichen Projekten tätig war, immer hingearbeitet. Ich habe dabei die Erfahrung gemacht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort unentbehrlich sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir in einheimische Fachkräfte investieren, die darauf vorbereitet werden müssen, unsere Projekte in ihrem Sinn und mit ihrer Kompetenz weiterzuführen. Unser Gründer Daniel Comboni war im Grunde genommen schon zu seiner Zeit dieser Überzeugung, wenn er schon damals von seinen Missionaren verlangt hat, „Afrika durch Afrika“ zu retten.

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