Hunger und Durst (4. So. i. J. – Mt 5, 1-12a)

Selig sind, die da hungert und dürstet
nach der Gerechtigkeit,
denn sie sollen satt werden.

Glücklich die Menschen,
deren Geschmacksnerven nicht abgestumpft sind,
um Recht von Unrecht zu unterscheiden.

Selig die Menschen,
die Waagschalen des Gewissens besitzen,
um die Glaubwürdigkeit
von Sonntagsreden und Wahlversprechen abzuwägen.

Glücklich die Feinsinnigen,
bei denen die Reden von gerechtfertigten Kriegen
einen faden Geschmack hinterlassen,
die nicht vergessen, dass die Quellen des Unrechts
in den Waffenschmieden der Kriegsgewinnler sprudeln.

Selig die,
die sich nicht abspeisen lassen
von den Totschlagargumenten der Sachzwänge,
die sich nicht irre machen lassen, wenn
aus den falschen Ecken nach Solidarität gerufen wird.

Glücklich die wenigen Menschen,
die sich auf die Straße wagen,
um globalisierten Teufelskreisläufen
die Maske vom Gesicht zu reißen.

Gepriesen die Kirche,
die hinter den Wechselkursen der Aktienmärkte
die Schicksale der Verlierer herauszulesen vermag.

Deshalb
selig die Kirche,
die den Hals nicht vollkriegt,
wenn es um Gerechtigkeit geht.

Aus: Siegfried Eckert, Gott in den Ohren liegen. Gebete. Mit einem Vorwort von Fulbert Steffensky. Kreuz Verlag, Stuttgart 2008.

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